Green IT - Teil 2: Das GreenSoft-Referenzmodell

In diesem zweiten Teil des IT Radar Interviews mit Prof. Naumann und Herrn Markus Dick, stellen die beiden Wissenschaftler das GreenSoft-Modell vor. Dieses Referenzmodell wurde im GreenSoft-Projekt entwickelt und dient dazu, den gesamten Lebenszyklus einer Software hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu betrachten. Auf diese Weise soll es auch Softwareentwicklern dabei helfen, grüne Software zu entwickeln.
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Interview zum Thema "Green-IT" Teil 2/4 (MP3, ca. 7 Min)
Das Interview zum Nachlesen
In Ihrem von Bundesministerium für Forschung und Entwicklung geförderten Projekt GreenSoft wollen Sie ein Referenzmodell erstellen, das Softwareentwicklern und -nutzern die nachhaltige Erstellung und Nutzung von Software erlaubt. Wie können wir uns dieses Referenzmodell vorstellen?
Prof. Naumann: Wir haben uns vorgenommen im Forschungsprojekt ein Referenzmodell bzw. einen Ordnungsrahmen zu entwickeln, der helfen soll, grüne, nachhaltige Software sowie nachhaltige Softwareentwicklung zu sortieren sowie zu kategorisieren und den ganzen Lebenszyklus zu betrachten.
Bekannt ist der Ansatz „von der Wiege zur Bahre“, wenn es um Nachhaltigkeit geht. In diesem Zusammenhang haben wir uns gefragt, wie das bei Software aussehen kann und was es bedeuten kann. Wenn Bahre vielleicht die Deaktivierung der Software wäre, was passiert dann dabei dann mit den Dokumenten, die mit der Software erstellt wurden? Kann man die mit der nächsten Version der Software noch öffnen? Das sind Fragen, die jeder Anwender kennt und der Ordnungsrahmen, den das Referenzmodell bietet, hilft uns dabei Dinge, die mit nachhaltiger Software und deren Entwicklung zu haben, zu kategorisieren und bestehende sowie neue Verfahren und Methoden darin einzusortieren. Das hilft auch dabei Lücken aufzuzeigen.
Wir haben zum Beispiel gesucht und eigentlich nichts gefunden, was als direkter nachhaltiger Softwareentwicklungsprozess bezeichnet werden kann. Wir haben daraufhin selbst etwas entwickelt, womit die Methodik Scrum erweitert werden kann und das Referenzmodell hilft dabei die Ergebnisse zu klassifizieren, zu verbreiten und auch andere Forscherinnen und Forscher dazu zu motivieren ebenfalls Lücken zu schließen. Das ist eine Vorgehensweise von der ich denke, dass sie ganz sinnvoll ist.
Im Referenzmodell selbst haben wir vier Hauptbereiche identifiziert. Zum einen ist das der bereits benannte Software-Lebenszyklus. Der soll genau angeschaut werden und es soll überlegt werden, was das eigentlich heißt, von der „Geburt der Software“ bis zu ihrem „Tod“.
Im zweiten Bereich haben wir einige Kriterien und Metriken klassifiziert, und zwar solche, die direkt einen Umwelteinfluss haben und solche die indirekt einen Umwelteinfluss haben, so wie wir es bei der Klassifizierung von Software bereits beschrieben haben.
Der dritte Bereich unseres Ordnungsrahmens umfasst Vorgehensmodelle. Softwareentwickler wollen immer Modelle haben, um sozusagen eine Handreichung zu haben, wie eine Software entwickelt werden kann. Ein bekanntes Beispiel für ein solches Modell ist das Wasserfallmodell, zumindest bei Fachleuten, bei dem man sich zuerst überlegt was man will, anschließend überlegt man, wie man es machen kann und dann setzt man es um. Diesbezüglich fragen wir uns eben, wie das vielleicht nachhaltiger gestaltet werden kann.
Der vierte Bereich ist eine Rubrik, die wir Handlungsempfehlungen und Tools nennen. In dieser Rubrik geht es darum welche Werkzeuge dabei helfen können nachhaltige Software zu entwickeln, und was gibt es so für Tipplisten. Wir haben beispielsweise eine Liste für Web-Entwickler und Web-Administratoren erstellt, wo Tipps zum Caching zusammengefasst sind, die erklären, was man dabei machen kann, um es etwas nachhaltiger zu betreiben.
Nun sprachen wir vorhin schon über Messverfahren und über vergleichbare Größen; auf Basis welcher Verfahren und Methoden entwickeln Sie denn das Referenzmodell beziehungsweise nicht nur das Referenzmodell, sondern auf Basis welcher Verfahren und Methoden kommen Sie denn in ihrem Forschungsprojekt auch auf vergleichbare Ergebnisse?
Hr. Dick: Zunächst einmal haben wir angefangen das Referenzmodell ganz klassisch zu entwickeln, mit einer Literaturrecherche und mit Praxisrecherchen, um herauszufinden was im Moment im praktischen Umfeld angewendet wird. Dann haben wir eine kleine Befragung durchgeführt und anschließend haben wir geschaut, wie wir das Referenzmodell gestalten können. Wir wollten möglichst viele Aspekte darin unterbringen und es modular gestalten. Dafür sind wir dann so vorgegangen, das wir aufbauend auf bestehenden Standards und best practices aus dem Bereich des Software-Engineerings und insbesondere aus dem Bereich des Software-Qualitätsmanagements aufgebaut haben, sodass sich unsere Methoden und Verfahren nahtlos in diese integrieren können, ohne dass wir das Rad komplett neu erfinden mussten.Dann haben wir Metriken und Messverfahren entwickelt. Die Metriken sind zum Teil bekannt gewesen, neue, andere Metriken haben wir entwickelt. Dazu gehört insbesondere das, was wir in unserem Messlabor gemacht haben, zum Beispiel haben wir gemessen wie viel Wattstunden bzw. Kilowattstunden wir pro Anfrage an einen Web-Server verbrauchen. Solche Metriken waren natürlich schon bekannt, aber das eigentliche Messverfahren haben wir dahingehend erweitert und entwickelt, das wir Software unabhängig davon messen können, welche Benchmarking-Tools es da möglicherweise schon gibt. Das heißt wir können unsere spezielle Software mit unserem Verfahren messen, ohne dass wir auf ein vorgegebenes Toolset angewiesen sind.
Die Referenzmodellierung als Methodik stammt ja aus der Wirtschaftsinformatik, wo man Referenzmodelle für betriebswirtschaftliche Systeme festlegt. Daran haben wir uns insofern orientiert, dass wir Verfahren und Methoden vorgegeben haben.
Prof. Naumann: Wenn ich das noch kurz ergänzen darf: Es ging uns auch darum den wissenschaftlichen Standards zu entsprechen und andere dazu zu ermutigen das Referenzmodell vielleicht weiter mit Leben zu füllen. Es ist eine Art Rahmen oder Hülse, die wir entworfen haben, und wir haben auch schon selber ein paar Vorschläge zur Ergänzung gemacht, erheben aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Erfahren Sie im nächsten Teil des Interviews mehr über Chancen für Unternehmen und die Bedeutung von nachhaltiger Software für mobile Geräte!
Das Interview führten Katharina König und Philipp Rothmann